
📌 Bernd Heinemann ist gesundheitspolitischer Sprecher der Fraktion und momentan fast nur mit einem Thema beschäftigt: Coronavirus. Seine Homepage und weitere Infos zu ihm findest du HIER.

📌 Birte Pauls ist gelernte Krankenschwester und sozialpolitische Sprecherin der Fraktion. Weitere Infos zu Birte gibt es auf ihrer Homepage oder durch einen Klick auf ihren Namen.

📌 Simon Bull ist Landesvorsitzender der Jusos Schleswig-Holstein und studiert in Kiel.
Moin ihr drei, wie nehmt ihr die Corona-Krise wahr?
Bernd: Die Corona-Krise ist eine Herausforderung für die Menschheit insgesamt. Es gibt seit dem zweiten Weltkrieg kein vergleichbares Ereignis was unsere Demokratie und unsere Lebensqualität derart auf die Probe gestellt hat. Wir haben nur eine Chance, wenn wir den Infektionsverlauf so verlangsamen, dass unser Gesundheitssystem diesen Viren-Tsunami aushält und viele Menschen dadurch überleben. Andere Länder werden noch größere Opfer mit deutlich weniger Erfolg erleben.
Birte: Es ist so unwirklich. Die Sonne scheint, die meisten Menschen sind gesund. Es ist leichter, die einschneidenden Regeln zu erklären, wenn es sich um eine Schneekatastrophe handeln würde. Die Bilder und Zahlen, die vielen Toten, das erschöpfte Gesundheitspersonal aus Italien und Spanien erschüttern mich zutiefst.
Simon: Es ist eine völlig surreale Situation – fast wie in einem Film – in der wir jeden Tag ein bisschen mehr begreifen, was gerade passiert und wie wir damit umgehen müssen. Und gleichzeitig kommen jeden Tag neue Fragen dazu, wie die Sorge um den eigenen Arbeitsplatz. Vor allem aber die Ungewissheit, wie lange diese Situation so weitergehen wird. Ich erlebe aber auch viel Zusammenhalt und Solidarität. Und zwar über alle Generationen hinweg. Die jüngeren mögen weniger gefährdet sein, sie wissen aber um ihre Verantwortung.
Wie verhaltet ihr euch?
Bernd: Ich halte mich an die Regeln, um Spielräume zu erhalten, neue zu gewinnen und kümmere mich in der Verwandtschaft, in der Nachbarschaft und in anderen sozialen Gemeinschaften. Telefonkonferenzen erhalten oder verstärken sogar den Dialog als Mensch und Politiker. Neue Apps für eine funktionierende Kommunikation haben einen noch stärkeren Sinn bekommen.
Simon: Wie so viele andere bleibe ich die meiste Zeit zu Hause. Von der Fachhochschule gibt es jetzt Online-Kurse und die Juso-Arbeit findet noch digitaler und in vielen Videokonferenzen statt. Ansonsten unterstütze ich meine Familie und Nachbarschaft mit Einkäufen und Erledigungen.
Birte: Ich bin Krankenschwester von Beruf. Mir juckt es natürlich in den Fingern, mich als Freiwillige im Krankenhaus zu melden. Leider gehöre ich mit Vorerkrankungen zur Risikogruppe, sodass ich nicht direkt an Erkrankten tätig sein darf. Es nutzt ja keinem etwas, wenn ich dann selber da liege. Aber natürlich gibt es andere Möglichkeiten, quasi im BackOffice, zu helfen. Dafür habe ich mich gemeldet. Ansonsten verteile ich die Informationen, die wir haben. Ich bin im Austausch mit Bürgermeistern, dem Gesundheitsamt, viele Anrufe und Mails erreichen mich mit verschiedensten Fragen. Wir schauen in der Nachbarschaft und der Familie, wo Hilfe benötigt wird. Und ansonsten halte ich mich selbstverständlich an die Regeln und freue mich, dass wir noch Spazierengehen können.
Glaubt ihr, dass sich die Gesellschaft nachhaltig verändern wird?
Birte: Ja, ich glaube, dass sich etwas verändern wird. Jedenfalls für eine gewisse Zeit. Der Zusammenhalt in der Gesellschaft wird wieder stärker, das Bewusstsein für Wesentliches auch. Die Kreativität wächst. Gleichzeitig lassen wir viele mit aktuellen Problemen alleine: Obdachlose, die keinen Anlaufpunkt mehr haben, Frauen, die häuslicher Gewalt ausgesetzt sind. Das muss uns auch beschäftigen.
Bernd: Die Gesellschaft wird sich verändern, wie nachhaltig wird sich allerdings zeigen. Der Mensch, die Wirtschaft und die digitale Welt wird diese Erfahrung auswerten und Schlüsse daraus ziehen. Wir alle werden daraus lernen. Weil sich Sicherungssysteme durchsetzen, werden die Gewohnheiten sich verändern. Andererseits wird uns auch bewusst, was menschliche Nähe bedeutet und wir werden nach Wegen suchen, wie wir den Augenblick noch besser nutzen können.
Simon: Für eine nachhaltige Veränderung ist es wichtig, dass wir uns nach der Krise auch Zeit zur Reflektion nehmen. Viel musste sich jetzt ganz kurzfristig ändern: Von den Möglichkeiten von Home-Office und digitaler Zusammenarbeit bis hin zu den kurzfristigen Haushaltsmitteln, unter anderem für unser Gesundheitssystem. Hier braucht es im Nachklang eine ausführliche Aufarbeitung, damit sich nachhaltig eine positive Veränderung einstellt und wir z.B. dem Gesundheitssektor die nötige Finanzierung und Anerkennung dauerhaft zukommen lassen.
Wem gilt jetzt besonderer Dank?
Bernd: Der besondere Dank geht an alle die nicht sich, sondern den Anderen solidarisch in den Mittelpunkt stellen. Vor allem all die Menschen, die das ehrenamtlich tun oder deutlich mehr leisten als es ihnen die tarifliche Arbeitszeit abverlangt.
Birte: Natürlich Allen, die den Laden am Laufen halten. Besonderen Dank gilt den Pflegenden, ärztlichem und medizinischem Personal. Stehender Applaus und tägliche Dankeshymnen sind zwar nette Gesten. Sie machen deutlich wie dankbar die Gesellschaft und Politik für die Verlässlichkeit und Professionalität der Pflegenden ist. Bessere Rahmenbedingungen, ein fachlich bedingter Personalschlüssel und angemessene Bezahlung muss die wirkliche Anerkennung des Pflegeberufes sein. Diese Diskussion und Forderung werde ich auch weiterhin führen.
Simon: Unabhängig von all denen, die in der Krise gerade besonders gebraucht werden und denen wir alle unseren Dank schulden, merkt man bei vielen Jobs wohl jetzt erst richtig, wie wertvoll sie sind. Spontan fallen mir da die Erzieher*innen ein, die den Eltern jeden Tag so viel Arbeit abnehmen. Vielleicht ist jetzt auch mal ein guter Zeitpunkt, um all diesen Menschen zu danken.